Das stille Vorurteil

Der Zwerg Unwissend ist kein Typ, der gern spazierengeht oder im Garten den Wühlmäusen nachgeht. Zu seinen angenehmsten Beschäftigungen gehört – wie vielen im deutschen Volk – das Nichtstun. Oder wie wir Greichen sagen: Na pernai i ora mou, die Zeit mit Fernsehen totschlagen. Gern auch in Verbindung mit dem Betrachten bewegter Bilder kriminellen Inhalts im Fernsehen. Kürzlich hat er sich den dritten Teil einer Serie angesehen, die in Frankreich spielt und von Dutzenden europäischer Fernsehanstalten verantwortet wird. Der Inhalt: Fünf Jahre nach dem Überfall auf das Geschäft eines Diamantenhändlers, bei dem dieser erschossen wird, wird mit derselben Waffe abermals jemand vom Leben zum Tode befördert. Wird natürlich, Happy-End-mäßig aufgeklärt und zu einem „guten“ Ende geführt. Typ: Verbrechen lohnen sich nicht (das haben die Cum-Ex-Profiteure aber anders in Erinnerung). Darum geht es hier aber nicht. Der erschossene Händler heißt „Mueller“, seine Witwe Fanny, die beiden Söhne David und Benjamin. Warum sollten sie denn anders heißen? Ist doch klar: Diamantenhändler müssen einen Vornamen haben, der zumindest jüdisch klingt; noch besser wäre es, wenn auch der Familienname jüdisch klingt. Doch da reicht schon, daß er niederländisch-deutsch klingt in diesem in Frankreich spielenden Fernsehfilm. Auch der eine Sohn erinnert mit der Hauttönung nicht an einen nordfranzösischen Bio-Franzosen. So funktionieren Vorurteile. Die auf leisen Sohlen daherkommen. Und deshalb auch gut funktionieren.