Zum Wochenende: Tohu wa-bohu

„Doris, morgen bleibe ich länger im Bett. Morgen fällt die übliche Montagssitzung aus. Wir haben den Reformationstag ja als gesetzlichen und arbeitsfreien Feiertag eingeführt. Und das gilt natürlich auch für mich. Zwar hat diesen Feiertag die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann, also eine Frau, durchgesetzt, Das heißt aber nicht, daß alle Frauen morgen einen Feiertag haben. Ich will damit sagen, ich habe nichts dagegen, wenn du mir das Frühstück ans Bett bringen würdest. Wäre zu gütig.“ „Liebes Herdmännchen. Das mache ich doch gerne. Aber wenn du verlangst, daß ich einen Kürbis hinstelle oder mich als Geist verkleide, weil ja auch Halloween gefeiert wird, dann kannst du dir das Frühstück selbst machen. Die Erfindung des Halloween ist eine genauso schlimme Erfindung wie die von Facebook und Twitter. Das müßte verboten werden wie die Lindnersche Raserei auf der Autobahn. Ich sage das deshalb, weil das mit dem Frühstück etwas dauern wird.“

Muß man sich fürchten?

Na ja. Inzwischen hat sich der Zwerg fast daran gewöhnt, daß der Vorsitzende der CDU sich so erregt, daß er bei seinen Äußerungen mit einem Herzkaschpar kokettiert. Der Herr Merz war auf dem Parteitrag der CSU in Augsburg (da saßen mehr Delegierte im Saal als die FDP aktive Mitglieder hat). Nachdem nun am Tag zuvor der Herr Markus S. den Saal zu Begeisterungsstürmen (ist bei Bayern ein Leichtes) hinriß (erinnerte an die ‚Zugabe’, Zugabe‘ bei Auftritten von Helene Fischer, wirklich, es ist so, wie ich schreibe!) mußte der Kollege von der Schwesterpartei noch anderthalbe Schelme draufsetzen. Das gelang ihm vortrefflich. Herr Merz rief, Schweißtropfen auf der Stirn, Geifer am Kinn,, daß der Bundeskanzler „respektlos gegen die Koalitionspartner, respektlos gegen die europäischen Nachbarländer und respektlos gegen den Bundestag“ sei. Der Zwerg hat daraufhin und unverzüglich Herrn Plasberg angerufen und um einen Faktencheck gebeten. Ergebnis: Stimmt gar nicht. Selbst gegenüber Herrn Kuczynski war der Kanzler nicht respektslos, obwohl dieser aus wahlkampftaktischen und innerpolnischen Gründen sich stets bemüht, die Verbundenheit zu Deutschland und zur EU zu zerreißen. Auch Herr Orban, kein direkter Nachbar und Kumpel von CSU-Granden, wurde nicht respektlos behandelt. Dann: War der Kanzler gegenüber seinen Koalitionspartnern respektlos? Das muß man auch verneinen. Vielmehr ist es doch so, daß die Herren Lindner, Buschmann, Wissing und die Dame (wie heißt die noch?) im Ministerrang und Frau Strack-Zimmermännchen den Kanzler, die SPD und die Grünen respektlos behandeln. Der Zwerg, manchmal zu drastischen Regelungen neigend, würde denen schon einmal die dunkelgelbe Karte gezeigt haben (die Farbe ist an einer Straßenkreuzung strafbar, wenn man die nicht beachtet). Insbesondere mit der grauhaarigen Dame würde der Zwerg einmal in den Harz fahren wollen (Sie wissen, wann und wohin). Dritter Punkt: Respektlos gegenüber dem Bundestag! Stimmt auch nicht. Kein Kanzler in diesem Jahrtausend ist so häufig vor den Abgeordneten aufgetreten und hat seine Politik so oft erläutert wie Kanzler Olaf. Bei seiner Vorgängerin mußte ein formeller Beschluß gefaßt werden, in dem sie verpflichtet wurde, den Abgeordneten Rede und Blabla zu stehen. Und nie wurde ein Bundeskanzler so oft beleidigt durch dummerhaftes Geschwätz von Unions-Abgeordneten (achten Sie einmal auf Herrn Spahn!), die ihre Niederlage immer noch trumpmäßig verarbeiten. Da hat Herr Merz übrigens auf dem CSU-Partei die Wahrheit gesagt, als er andeutete, daß Markus Söder den Sieg bei der Bundestagswahl vergeigt hat. Vielleicht ließ Herr Merz deshalb das von Herrn Söder gereichte Freundschaftsband fallen. Ein böses Zeichen. Wird in die Geschichte als Omen von Augsburg eingehen. Sollte doch ganz anders wirken – nach außen und innen. Herr Plasberg sagte noch, den Mann muß man nicht allzu ernst nehmen. Seine Umfragewerte sind auf dem Krethi-und-Plethi-Niveau. Hoi polloi. Und Herr Merz weiß es.

 

Ist Markus S. ein Schelm?

Ja. Ist er. Ein böser Schelm. Da findet just ein Parteitag der der Union statt (beim Zwerg sträubt sich die Feder, diese Partei christlich zu nennen.) Der Vorsitzende dieser Dorf-Partei erklärt in einer „fulminanten“ Rede voller Wahlkampf-Unsinn, daß die Ampel-Koalition in Berlin und insbesondere der Kanzler ihren Eid, Schaden von der Bundesrepublik fernzuhalten, verletzt. Der Zwerg stimmt dem zu. Denn in der Tat, das Rasen auf der Autobahn ist nicht nur ein Verstoß gegen die eidliche Schadensvermeidung, sondern auch ein Verstoß gegen die Klugheit der Bevölkerung. Doch das meint der Markus SW. Nicht. Der meint, Schaden von der Bundesrepublik sei abzuwenden, wenn die drei noch (eingeschränkt) funktionsfähigen Atomkraftwerke bis 2024 laufen würden. Ernsthaft: Wenn also die drei Atomkraftwerke in dem von Herrn Söder genannten Jahr abgeschaltet werden, dann verstößt die Ampel-Regierung nicht gegen ihren Eid. Das ist lustig. Weil, Olaf Scholz muß ja nur erklären, die Atomkraftwerke  werden 2024 abgeschaltet, dann ist alles gut. Ob das dann 2024 geschieht, weiß vermutlich nicht einmal der Bundesadler. Der Witz dieser Söderschen Forderung ist aber ein ganz anderer. Wenn die bombigen Kraftwerke über den jetzt festgelegten Termin 15. April 2023 betrieben werden, müßten zwischenzeitlich neue Brennstäbe, bestehend aus russischem Uran, gekauft und eingesetzt werden. Das erinnert an den sagenhaften Piloten Fanz-Josef, der mit seinem Flugzeug selbststeuernd in die Sowjetunion flog. Bayern und Rußland auf ewig vertraut und vereint. Zweitens: Wenn, sagen wir nächstes Jahr, tatsächlich neue Brennstäbe eingesetzt werden, dann kann man diese nicht ein Jahr später einfach aus dem Atomkraftwerk entfernen. Dann müssen die drinbleiben. Und wenn die drinbleiben, dann kann man auch Strom erzeugen. Und wenn man 2023 und 2024 mit Uran Strom erzeugt, kann man das auch noch 2025 und später machen. Deutschland würde wieder in die Atomwirtschaft einsteigen. Söder weiß das. Söder würde aber wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Erfordernisse nicht in seinen Hetzreden einbeziehen – man darf das Volk ja nicht überfordern. Übrigens gilt das auch für diesen Herrn Kubitzki aus Schleswig-Holstein, der unmittelbar nach der Kanzler-Richtlinie meinte, man könne im März 2023 ja über eine Verlängerung der Laufzeit sprechen. So geht Vertragstreue à la FDP. Und noch ein Übriges. Ist dem geneigten Leser schon aufgefallen, daß die Befürworter von Atomstrom immer von AKW, nie von Atomstromkraftwerken, sprechen, andererseits aber stets die schädlichen Kohlekraftwerke erwähnen. Einerseits wird die Bezeichnung durch das Kürzel AKW verharmlost, andererseits die allseits bekannte Schädlichkeit der Kohle herausgestellt.

Wird das gefährlich?

Ja. Aber man weiß es nicht genau. Der Zwerg weiß es auch nicht. Die australische Denkfabrik „Australian Strategic Policy Institute“ (Australisches Institut für strategische Studien, ASPI) meint, daß die chinesische Führung die Reederei Cosco als  militärischen Arm betrachtet. Aber unser Bundeskanzler Olaf Scholz hat ja aus der Rußland-Affaire nicht gelernt. Die Australier, nicht nur landtechnisch „down under“ meinen, daß die chinesische Regierung unter dem neuen Kaiser Xi von dem staatlich kontrollierten Unternehmen Cosco erwartet, in jedem seiner globalen Standorte die Volksbefreiungsarmee zu mobilisieren oder ihr zu helfen“. Wie sagte schon Franz-Josef Strauß: „Ich sage nur ‚Kina, Kina‘“. Der Zwerg stellt sich jetzt vor, auch er hat eine blühende Phantasie, wie jeweils Dutzende von Kinesen aus den 20.000 Container (oder zumindest in der Hälfte) eines Cosco-Frachters am Kai Tollerort ausgeschifft werden, durch die Elbe ans jenseitige Ufer schwimmen (Sie als älterer Leser erinnern sich doch noch an Mao im Jangtse? – das war ein erstes Signal!) und die Reeperbahn stürmen. Und sich drängeln vor dem Aufstieg am Michel. Und alle wollen Labskaus (ist aber nicht mehr aus Lobster, sondern aus totem Hering) im Ratskeller essen. Cosco doch den offiziellen Regierungstitel „wichtiges Rückgrat“. Das Wort „ich habe Rücken“ gewinnt so eine ganz neue Bedeutung. Der Zwerg ist arg erstaunt, daß sich jetzt alle Leute, keiner wohnt in der Hansestadt, über den Hamburger Olaf Scholz aufregen. Dabei ist doch klar: Alles was dem Hafen nützt wird gemacht, obs ums Ausbackern des Schlamms in der Elbe und der Verklappung im Naturschutzgebiet Nordsee handelt oder ob es um die jahrzehntelange Hintertreibung des Hafenausbaus in Cuxhaven oder Wilhelmshaven handelt – für Hamburg gilt: wright or wrong: my harbor und Hamburg first. Bei zu erwartenden tiefen Winter-Temperaturen trennen wir uns vom Russengas und holen postwendend die Chinesen an die Elbe. Vom Jangtse in die Außenalster. So ist das. Olaf, Olaf, mir wird ganz bange.

 

Sind das Hohl- und Holzköpfe?

Ja. Da gibt es einen aufgebauschten Streit um ein Stück Kaimauer im Hamburger Hafen. Tollerort. Da will die chinesische Reederei Cosco ein Stück abhaben: über einen 35-Prozent-Anteil redet man. Nun sagen sechs Bundesministerien, das sei ganz schlimm, daß Cosco nach seinem Anteil am Duisburger Hafen nun auch die Freie  und Hansestadt Hamburg übernehmen will. Als Nordsee- und Elbe-Anrainer sagt der Zwerg: Aber gerne, die Chinesen kann man vielleicht unter Druck setzen, mit der Schlamm-Verklappung im Naturschutzgebiet Wattenmeer aufzuhören; der Hamburger Senat will ja nicht hören. Im Wirtschaftsministerium wurde ein Papier produziert, in dem es heißt: „Der Erwerb sollte daher untersagt werden, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne  des § 59 Abs. 1 AWV zu gewährleisten.“ Wenn’s zum Krisenfall käme, also, wenn beispielsweise in China ein Sack Reis umfällt, würde Deutschland den Zugriff auf die von China beeinflußte Infrastruktur verlieren. Das ist logisch. Die Beamten im Wirtschaftsministerium, 147 Jahre von Kapitalistenfreunde geleitet, können sich nicht vorstellen, daß man Cosco dann die Verfügung über deren das Privateigentum wegnimmt. Jeder weiß, wie schnell ein Sack Reis umfallen kann. Da muß man rechtzeitig warnen. Der geneigte Leser weiß natürlich, daß über die Hälfte des Aktienbesitzes der DAX-Unternehmen in ausländischen Händen liegt. Das ist kein Problem. Obwohl: Stellen Sie sich vor, die Araber würden die Aktien vom Daimler verramschen. Da wäre aber die Hölle los, wenn diese Aktien dann von Cosco aufgekauft werden würden. Bei der (inzwischen erledigten) Übernahme des Duisburger Hafens durch Cosco als Endpunkt der sogenannten Seidenstraße war übrigens nicht so ein Geschrei. Und das war wirtschaftspolitisch viel schlimmer. Aber da kann man dem Olaf Scholz nichts ans Zeug flicken, bestenfalls dem Laschet und dem Wüst. Die Scholz-Hatz macht bald keinen Spaß mehr. Wird langweilig.

Werden die Wahlen in Berlin wiederholt?

Ja. Natürlich. Nach dem bisherigen Stand der Dinge soll nur einem kleinen Teil der Berliner Wahllokale die Wahl wiederholt werden. Das wird dazu führen, daß gegen diese Manipulation erneut Verfassungsbeschwerde eingelegt wird. Auch dieser Beschwerde wird nachgegeben. Da die Berliner Verwaltung (und die Berliner Politiker) aber nicht begreifen wollen, wie eine Wahl in einer Demokratie stattzufinden hat (hängt wohl damit zusammen, daß Berlin doch noch sehr zonig eingestellt sind – Frau Giffey kommt aus Frankfurt/Oder!), wird das Bundesverfassungsgericht wohl einige Richtlinien vorgeben. Aus gut unterrichteter Quelle erfuhr der Zwerg, daß alle Wahlen in allen Wahllokalen und in Bezirken zu wiederholen sind. Damit das nicht wieder verschleppt werden kann, wird das Gericht einen engen Terminplan vorgeben. Bis zur amtlichen Feststellung des Wahlergebnisses der Neuwahl verlieren die Bundestagsabgeordneten aus Berlin mit Verkündung des Urteils ihr aktives und passives Wahlrecht, können aber an Sitzungen ohne Mandatsbezüge bleiben (ohne Arbeit kein Geld – logisch); dann wird dem Senat vorgegeben, Ausgaben nur im Rahmen unabwendbarer Erfordernisse und nur auf der Grundlage des vorjährigen Haushalts zu tätigen und keine neuen finanziellen Verpflichtungen einzugehen. Die Bezirksverordneten dürfen gleichfalls keine Beschlüsse fassen (haben sowieso nichts zu sagen). Ferner darf die Wahl nicht an einem Tag stattfinden, an dem weitere Wahlen (z.B. Europawahl) oder Abstimmungen (z.B. Volksabstimmung über Verstaatlichung der Wohnungsgesellschaften) oder besondere Ereignisse (z.B. Berlin-Marathon oder Start der Tour de France) geplant sind. Weder in den Bezirken noch in der Senatsverwaltung noch in anderen öffentlichen Institutionen dürfen vorhandene Mitarbeiter befördert noch neue Mitarbeiter eingestellt werden. Mit diesen Vorgaben des Verfassungsgerichts wird wohl ein für allemal auch den Berlinern klargemacht, wo Bartels die Wahlurne hinzustellen hat, zumal es auch ans Portemonnaie geht. Anmerkung: Ist ja nicht ausgeschlossen, daß die LINKE ein Berliner Direktmandat verliert (Frau Wagenknecht wird’s richten) und damit aus dem Bundestag fliegt. Jedenfalls wird nach der wiederholten Wahl die Welt eine andere sein.

Würde sich der Manfred Rommel im Grabe umdrehen?

Ja. Wenn’s möglich wäre. Und warum? In Stuttgart gibt es einen Oberbürgermeister, von der CDU stammend, der jetzt unerwartet in die Diskussion geraten ist. Na ja, so ganz unerwartet kann es nicht gewesen sein. Der Oberbürgermeister, von dem gesagt wird, die Stuttgarter wollten nach dem lahmen Fritz von den Grünen einen tatkräftigen Mann an der Verwaltungsspitze, doch sind sie vom Nesenbach in den Neckar gefallen: Sie wählten Frank Nopper von der CDU, dessen Frau nachgesagt wird, daß sie mehr zu sagen hat in der Verwaltung als der Dackel (die Stuttgarter wissen, was ich meine). Das erinnert den Zwerg an Ingrid, die ungekrönte Königin von und in Sachsen. Dem Zwerg fällt noch etwas ein: Der Frankie goes net nach Hollywood und came not from Alabama, sondern aus BackNang (kleiner Hinweis auf die US-englische Sprache: Back bedeutet hinten, Nang ist ein Waldstück in West-Virginia, aus Backnang zu kommen heißt also aus dem Hinterwald zu kommen, also ein Hinterwäldler zu sein.) Na gut, na schön. Also, zur Sache. Auf allen Toiletten in öffentlichen Gebäuden liegen jetzt zur kostenlosen Nutzung Tampons aus. Wirklich. Auf ALLEN Toiletten. Der Herr Oberbürgermeister weist in einem seiner vielen Instagram-Posts daraufhin, daß er dieser besonderen sozialen Errungenschaft NICHT zugestimmt habe, wohl aber die CDU-Gemeinderatsfraktion. Dafür kam die Fraktion der Grünen dem Begehren der CDU nach mehr Personalstellen im Justizvollzugsdienst nach. Unter einem g’standenen Mann wie Manfred Rommel wäre ein Tauschhandel Tampons gegen Justizwachtmeister ganz sicher nicht geschehen. Zugegeben, damals gab es noch keine Grünen (die einem das Leben schwermachen), und die CDU stellt zwar den Oberbürgermeister (die in Baden-Württemberg ganz schön mächtig sein können), aber mit 12 Stadträten nur die zweitstärkste Fraktion (unter Rommel gab es noch absolute CDU-Mehrheiten). Schottische Zustände in Stuttgart. Geil, gell. Daß ich das noch erleben darf. Die Verteilung der Tampons auch auf Herrentoiletten soll im Rahmen der Gleichstellung erfolgt sein.  Der Zwerg findet seine staatstragende Auffassung bestätigt: Als Nachbar sind Beamte und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst genauso nett oder „normal“ wie beispielsweise der Bäcker oder die Verkäuferin oder die Kellnerin als Nachbar, aber direkt hinter der Ratshaustür müssen die  städtischen Dienstleister Schließfächer haben, woselbst sie ihre Hirne für die tägliche Dienstzeit einlagern. Wie antwortete der Elbgermane dem Odin (nach Fontane): „Gott, ist die Gegend runtergekommen.“

Zum Wochenanfang: Tohu wa-bohu

„Moin.“ Der Chef blickt in die Runde. „Nun. Sie sind ja alle da. Ich habe ja ein Wochenende hinter mir. Ich bin siebenmal an ‚Lucy‘ und außerdem noch viermal an einem mobilen Geschwindigkeitsmesser der Polizei vorbeigefahren. War, ist, ja kein Problem für mich, weil ich auf unseren Straßen immer mit dem richtig eingestellten Tempomat fahre. Haha. Wenn ich denn überhaupt mit dem Auto fahre. Hab‘ ja keinen Führerschein. Haha. Ist ein Scherz. Haha. Das mit dem schwarzen Kasten ist schon eine ganz schöne Falle, weil man erst ganz nah dran erkennt, daß es kein abgestellter Wagen mit Autokennzeichen ist. Doch dann ist’s zu spät. Aber er, sie, es tut unserer Stadtkasse gut und hat sich schon fast bezahlt gemacht. Doris, Sie wissen, meine Frau, sagte zu mir, ihre Freundin sei mit überhöhter Geschwindigkeit fotografiert worden. ‚Mensch, Doris‘, habe sie gesagt, sagte Doris, ‚ich mußte ganz schnell zum Coiffeur und habe deshalb nicht auf die Frisur, Pardon, auf die Geschwindigkeit geachtet. Das könne sie ihr sagen, teure Frisur geworden. Doris sagte mir, sie hätte gesagt ‚shit happens‘. Ach, sei nicht ganz so schlimm, jetzt klappe es mit dem Nachbarn, hätte die Freundin gesagt. Und ohne, daß sie die Gläser hätte spülen müssen, hätte Doris gesagt, sagte mir Doris. Haha. Nun, ernsthaft. Es schadet überhaupt nicht, wenn ‚Lucy‘ in der Gegend rumsteht und Geld ranschafft. Auch wenn’s von einem Wuppertaler wäre. ‚Lucy on the streets‘ ist doch besser als ‚in the sky‘ oder am Deich auf der Straße unter der Laterne. Na ja. Ich rate Ihnen. Aufpassen. Ich muß jetzt hier passen. Und weg. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Arbeit am Bürger. Moin.“ Und weg ist er. „Der kann ja vielleicht einen Schnack machen.“

Hat Herr Söder wieder zugeschlagen?

Ja. In seiner üblichen Großmäuligkeit und Blödheit. Und als Sonn- und Feiertagsredner. Jawollja. Da fordert der CSU-Vorsitzende die Anschaffung des Luftabwehrsystems vom Typ IRIS-T SLM für den Schutz deutscher Großstädte – ein Schutzschirm über Deutschland. In der Zeitung für die ungebildeten Stände, BILD, läßt Söder niederschreiben: „Wir müssen Raketen- und Luftabwehrschutzsysteme für deutsche Städte installieren. Damit hätten wir einen kompletten Schutzschirm über Deutschland. Es reicht nicht, nur unsere Partner zu schützen, sondern wir müssen das auch für das eigene Land tun.“ „Es müsse endlich konsequent gehandelt werden.“ Das IRIS-T SLM kostet 140 Millionen Euro pro Einheit. Allein eine Rakete kostet 250.000 Euro. Bei Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik und Militärtechnik von der Universität der Bundeswehr München, stößt Söders weitreichende Forderung auf wenig Verständnis: „Das ist so krude, da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.“ IRIS-T SLM ist nicht geeignet, zur Abwehr von Mittel- oder Langstreckenraketen. Anja Dahlmann, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, sagt ergänzend: Es könnte lediglich Schutz bieten, wenn ein Angreifer aus der Nähe attackiert. Die Nürnberger Rüstungsfirma Diehl, zufällig im Wahlkreis des Markus Söder, stellt diese Waffen her. So ein Zufall. Der Söder ist schon fast gemeingefährlich mit seinen Äußerungen.

Geht kommunizieren auch anders?

Ja. Sicher. Um die Jahrtausende wurde vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD, eine Kommission eingesetzt, die Vorschläge für eine Reform bestimmter Sozialleistungen machen sollte. Als Leiter dieser Kommission berief Schröder Peter Hartz, der zu diesem Zeitpunkt Personal-Vorstand bei der Volkswagen AG war. Die Vorschläge von Peter Hartz wurden Gesetz; einige Bestimmungen wurden vom Europäischen Gerichtshof verworfen bzw. vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig bewertet und mußten geändert werden. Gegen die Kernbotschaft von „Hartz IV“, „Fördern und Fordern“, liefen wegen der schlampigen Formfehler in Gesetz und Ausführungsbestimmungen eine Vielzahl von Klagen (allein in Berlin sollen es 50.000 gewesen sein), die insbesondere Rechtsanwälte glücklich und reich machten. Die Regelungen von „Hartz IV“ waren in der Tat vielfach negativ, brachten aber andererseits für viele Betroffene große Vorteile. Die Schröder-Regierung geriet auch wegen der Umsetzung der Bestimmungen und der grottenschlechten Kommunikation innerhalb der SPD unter Druck. Mit Brioni, Zigarren und so war nicht alles lösbar. „Hartz IV“ entwickelte sich wie 1914 die Bewilligung der Kriegskredite zum Trauma der SPD einschließlich Abspaltungen wie damals der Spartakusbund und bei Schröder nun die WASG. Aus den Kommunikationsfehlern in Sachen „Hartz IV“ hat Frau Merkel gelernt (nur nichts ändern – nur nicht „auffallen“ oder gar Anstoß erregen), die heutige SPD mit Kanzler Scholz und den beiden Vorsitzenden Klingbeil und Esken lernten aber nicht. Ob es sich um Corona handelt mit diesem Ewig-Unverständlichen Dr. Karl L. oder um die Unterstützung für die Ukraine oder um die Bewältigung der Energieprobleme – nichts davon läuft „elegant“. Dabei hat die SPD ja noch das Glück, eine CDU als Gegenüber zu haben, die sich bei allen Themen durch ein „Wir sind dagegen“ auszeichnet, ohne – was entgegen der CDU-Meinung auch die Aufgabe einer Opposition (einer Regierung im Wartestand) ist – eigene und realisierbare Vorschläge vorzutragen. Die Sozis von jetzt sind wie damals die Schröder-SPD zu blöd, um eine angemessene und erfolgreiche Kommunikationsstrategie zu entwickeln und durchzusetzen („Nö“ ist keine Strategie). Nur weil dies nicht geschieht, kann Christian Lindner sich aufspielen, als sei er mit seinen drei Ministerkollegen der große Macher. Dabei ist die Erfolgsbilanz von Verkehrsminister Wissmann (nur erfolgreich in der Frage der Autobahn-Geschwindigkeit, nicht bei der Reparatur maroder Straßen und Brücken), von der Ministerin für Bildung und Forschung (wie heißt die noch?) nicht nur mäßig, sondern partiell auch destruktiv und Justizminister Buschmann hinkt mit den laut Koalitionsvertrag verabredeten Zielen ebenfalls hinterher. Und der Bundeskanzler? Die damals als Generalsekretär der SPD hämisch gemeinte Benennung als „wandernde Büroklammer“ trifft heute nicht mehr zu. Doch er ist immer noch – langweilig. Er kann keine Geschichte, oder wie es heute heißt, kein Narrativ, verbreiten. Scholz kann das, was er richtig macht (und da ist schon einiges zu nennen), nicht verständlich machen. Schade. Schade. Schade.

Die Stadt Cuxhaven hat einen sog. Freundschaftsvertrag mit der Stadt Murmansk in Rußland. Russen sind keine Freunde, sondern Mörder in der Ukraine. Ich will, daß der Freundschaftsvertrag beendet wird.