Erinnert mich das an die 1930er-Jahre?

Ja. Aus Rußland wandert die wissenschaftlich gebildete Intelligenz ab. Nach Westeuropa. Das scheint mir verständlich, denn in den Lehranstalten wird immer stärker der Lehrstoff den imperialistischen Zielen des russischen Diktators angepaßt. Nicht nur in den Geisteswissenschaften, sondern auch in den naturwissenschaftlichen Fächern. Deshalb erinnert mich das an die stalinistischen Jahre in den 30er-Jahren. Es gibt einen Unterschied: West-Europa und die USA heißen die klugen und gebildeten Menschen aus Putin-Land willkommen – das war wegen der damals in Westeuropa herrschenden Diktatoren (nicht nur Deutschland war ein faschistisches Land) nicht möglich. Wegen des Überfalls auf die Ukraine haben große Wissenschaftsverlage wie Reed Elsevier und Springer Nature sämtliche Beziehungen zur Diktatur abgebrochen; die russischen Wissenschaftler werden auch durch andere Maßnahmen  (u.a. keine Teilnahme an Tagungen, Zugriff auf Bibliotheken) von der Weiterentwicklung der Wissenschaft abgeschnitten. Das wird sich erst in ein paar Jahren bemerkbar machen, aber es wird sich weisen. Prada, Gucci und McDonald werden nicht die einzigen Dinge sein, die fehlen. Ich möchte hier an die traurige Geschichte der russischen Biologie erinnern. Da gab es den Biologen Nikolai I. Wawilow, der u.a. die Theorie von den geographischen Genzentren der Kulturpflanzen begründete und Direktor des Instituts für Genetik der Akademie der Wissenschaften war. Er starb am 26. Januar 1943 im Alter von 55 Jahren im Gefängnis von Saratow, wahrscheinlich an Unterernährung. Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden jedoch von Trofim D. Lyssenko bekämpft, der die völlig irre Auffassung vertrat, daß nicht Gene die Pflanze, sondern die Umwelt das Wachstum einer Pflanze verursachte und dies vererbt wird. Lyssenko konnte von diesem Quatsch Stalin überzeugen, der entsprechende landwirtschaftliche Maßnahmen anordnete. Die durch Lyssenko verursachten Fehlentwicklungen führten zu Hungersnöten. So ist es, wenn ein Land von wissenschaftlicher Erkenntnissen abgenabelt wird. Und so wird Rußland unter Putin und seinen Anhängern schließlich enden. Ganz weit unten. Ost-Kongo wird die Meßlatte sein. Und wenn es noch nicht schlecht ist, dann ist es noch nicht zu Ende.