Zum Wochenanfang: Tohu wa-bohu

„Moin.“ Der Chef tritt ins Besprechungszimmer. „Ich spreche ja äußerst über Gespräche, die ich mit Doris führe. Aber diesmal muß es sein, weil ich ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt habe. Doris frug mich gestern: ‚Weißt du eigentlich, wie viele Ferienwohnungen in unserer Stadt dem normalen Mietermarkt entzogen sind? Und weißt du, wieviel echte Zweitwohnungsbesitzer in unserer Stadt leben?‘ Nun, ich mußte antworten, daß es mir wie dem neuen Bundesverteidigungsminister geht. Der weiß nicht, wieviel Leopolde er unter seinem Kommando hat. Und ich weiß nicht, wieviel Ferienwohnungen und -häuser wir haben. Kann mir einer von Ihnen die Zahlen liefern?“ Die Teilnehmer blicken sich und den Chef etwas ratlos an. „Ich sehe, Sie wissen das auch nicht. Ich denke aber, wir sollten das als Verwaltung wissen. Gerade jetzt in der Winterzeit, die ja zugleich eine Zeit mit wenig Touristen ist, sieht man des Abends viele dunkle Fensterhöhlen. Unsere Kämmerei müßte ja auf Anhieb sagen können, wieviel Zweitwohnungsbesitzer ihre Scherflein in unsere Stadtkasse spülen. Ich will einmal ein Beispiel sagen: in einer mir bekannten Wohnstraße, die laut Bebauungsplan ausschließlich für die indigene Bevölkerung reserviert war und ist, sind von den 12 Wohnhäusern nur vier Hausbesitzer, die immer da sind und nicht vermieten. Bei einigen kommen die Hausbesitzer hin und wieder in ihre Behausung, ansonsten vermieten sie ihr Haus. Bei zwei Wohnhäusern bewohnt der Hausbesitzer seine Hütte nie. Das geschieht übrigens in einer Straße, in der eine Vermietung an Feriengäste nicht gestattet ist. Ich weiß nicht, wie das in anderen Straßen ist. Aber ich will und muß als Verwaltungschef das wissen. Wir müssen ja eine Grundlage für eventuelle politische Entscheidungen haben. Hamburg, eine Stadt, die wahrlich kein Vorbild für uns Elb-Anrainer sein kann, ist jetzt festgelegt worden, daß Vermieter von ganz normalen Wohnungen für Feriengäste sich erstens registrieren müssen und eine Vermietung an Feriengäste nur für höchstens acht Wochen erfolgen darf. Sie verstehen, damit lohnt sich eine gewerbsmäßige Vermietung für Hamburger Wohnungsbesitzer nicht mehr so richtig. Das ist wohl der Witz der Registrierung. Dazu sollte man aber wissen, über welche Größenordnung wir in unserer Stadt reden. Wir wollen ja keine Minimax-Situation. Minimaler Ertrag mit maximalem Ärger. Na gut. Ich muß weg. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei Ihrer Arbeit am Bürger. Moin.“ Und raus ist er. „Der  stellt sich das ziemlich einfach vor. Die Zählung der Fremdnutzer. Wenn das bekannt wird, daß wir über die Erfassung reden, dann gibt es sofort einen Aufstand derjenigen, die ihre Wohnungen an der Steuer ganz oder teilweise vorbei vermieten. Darunter sind ja vermutlich auch Gemeinderatsmitglieder.