Zum Wochenanfang: Tohu wa-bohu

„Moin.“ Der Chef. Strahlendes Gesicht. Die Teilnehmer seiner Gesprächsrunde ansehend. Gutgelaunt. „Der Tag gestern war ja ein Riesenerfolg. Ein Blumenmeer in der Norder und drum herum. Sehr, sehr gut für das Ansehen unserer Stadt. Und wie ich gesehen habe, waren nicht nur Touristen unterwegs, die für ihre Balkone in Wuppertal Blumentöpfe mitnehmen. So etwas gibt es da ja nicht. Ich habe natürlich auch schleppen müssen. Doris kennt bei Blumen kein Erbarmen. Also mit den Blumen schon, aber nicht mit mir. Sie sagt dann immer, daß ich bei Blumenkauf immer über Geldverschwendung und Geldschneiderei meckere und ich am liebsten Kunststoffpflanzen hinstellen würde. Einmal kaufen, nie wieder gießen. Aber das stimmt sooo nicht. Frauen, Verzeihung Frau Hempel, Miss Waldman, auch ich habe meine festgefügten Urteile. Mädels wandeln ihre Gefühle für rosa Einhörner aus der frühkindlichen Erziehung bis ins hohe Alter in Blumen um, haha. Der Mann kann ja zahlen. So wie der Vater das Geld für Ken und Barbie ausgeben mußte. Wir Männer heben ja die Pokale aus der C-Jugend auch bis ins hohe Alter auf. Jedem Tierchen sein Plaisierchen. Oder so. Aber was mir gestern beim Schlendern und Schleppen über den Blumenmarkt eingefallen ist, will ich Ihnen nicht verschweigen. In unserer Stadt bestand bis vor wenigen Jahren eine Buchhandlung, ursprünglich eine Druckwerkstatt in der Norder, da wo Fielmann sein erstes Geschäft aufmachte, die ihre Ursprünge auf das Jahr 1821 zurückführen konnte. Ich meine Rauschenplat. Die existierte schon, als in manchen größeren Orten in Niedersachsen die Einwohner noch auf den Bäumen Nüsse sammelten, haha. Und schon vor 1900 bestand sogar eine zweite Buchhandlung in der Stadt, Neumann in der Schillerstraße. Gibt es leider auch nicht mehr. Und wenn Sie sich daran erinnern: Karstadt hatte auch eine Bücherabteilung. Und in Duhnen gab es auch eine kleine Bücherhandlung. Alles vorbei. Nur noch am Kämmererplatz gibt es eine Bücherhandlung, die von einem Inhaber geführt wird. Also, worauf will ich hinauf? Wir sollten einmal versuchen, ähnlich wie mit dem Blumenmarkt, eine Bücherhandlungstraße aufzubauen. Wir haben zwar nur die Bücherhandlung am Butt, aber mehrere Antiquariatsaufkäufer. Und wir haben zwei Bibliotheken in der Stadt, die sicherlich mitmachen würden. Ich will mal rumhören, ob so etwas kulturell Wertvolles zu organisieren ist. Mit bundesweiter Einladung. Wenn wir einen Töpfermarkt machen können, dann werden wir auch einen Büchermarkt organisieren können. Denken Sie bitte doch einmal darüber nach. Unter Bücher verstehe ich übrigens auch Schallplatten. Aus Vinyl. Oder sogar Schellack. Kennen die jungen Leute gar nicht mehr. Und wenn Sie einmal in Berlin sind, dann sollten Sie unbedingt auf die Museumsinsel gehen, da ist ein kleiner, aber feiner Kunstmarkt. Gut, Schön. Ich muß weg. Ich will mir heute mein zweites Buch kaufen, haha. Sie wissen: Das Buch ist das Mobile des gebildeten Herrn. Nicht Stock, Schirm, Zylinder sind heutzutage und hierzulande angesagt, sondern Buch und Tablet. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche und eine glückliche Hand bei der Arbeit am Bürger. Moin.“ Und weg ist er.